"Blick" gwinnt dank Corona

Am virtuellen HarbourClub-Lunch gab der Chefredaktor der Blick Gruppe Einblicke in die neusten Projekte und liess sich auf den Zahn fühlen. Die gemeinsamen Lunches verkörpern seit Gründung des HarbourClubs vor zwanzig Jahren das Wesen des Vereins. Die Mitglieder treffen sich in der Regel fünf Mal jährlich zum gemeinsamen Essen und Erfahrungsaustausch. Seit einigen Jahren dabei ist jeweils auch ein externer Gast. In letzter Zeit teilten unter anderem Wirtschaftsprofessor Alfred Mettler, den Unternehmer Dieter Pestalozzi, der Journalist Markus Somm und die SRF-Direktorin Nathalie Wappler ihre beruflichen Erfahrungen. Wegen Corona muss zwar immer noch auf das gemeinsame Essen verzichtet werden, der Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern läuft jedoch weiter. So lud der HarbourClub am 5. Mai Christian Dorer zum virtuellen Gespräch. Es wurde von Club-Vorstandsmitglied Edi Estermann, Leiter Medienstelle Generaldirektion SRG SSR, geleitet.

Blick goes Romandie

Zuerst gab der Chefredaktor der Blick Gruppe einen Überblick über «sein Reich»: 300 Mitarbeitende, davon 250 im Newsroom, eine tägliche Reichweite von 380 000 Leserinnen und Lesern für den gedruckten Blick und 1,3 Mio. Usern online. Übrigens, der Blick ist seit 1996 online. Und Corona hat den Trend zu Online weiter verstärkt. Seit dem ersten Lockdown verzeichnen alle grossen Medienhäuser der Schweiz höhere Zugriffszahlen, doch Blick online konnte hier besonders profitieren (siehe Grafik). Dazu kommt das digitale Ausspielen von Inhalten über die Social Media-Kanäle wie Youtube, Twitter, Instagram und Facebook. Und über diese Kanäle startete am 7. April auch das Projekt Blick Romandie. Die eigene Blick-Online-Plattform in französischer Sprache folgt dann am 1. Juni. Damit folgt Blick seinen Konkurrenten 20Minuten und Watson ins Welschland und kann nun ebenfalls nationale Kampagnen anbieten. Ein Interview mit einem Bundesrat oder einem CEO über die Sprachgrenze hinweg gewinnt natürlich deutlich an Wirkung.

Equal voice – Frauen und Männer gleichermassen ansprechen

Knapp vor der Lancierung wurde auch noch das alte Blick-Logo «aufgefrischt». Das l im Namen erhielt eine Rundung. Hommage an die weibliche Leserschaft, die die Redaktion vermehrt gewinnen will? Das alte Klischee vom stumpenrauchenden Blickleser am Stammtisch und dem Seite 3-Girl sei definitiv Geschichte, meint Christian Dorer. Heute sei der Blick ein Medium für alle Leserschichten. Besonders die Frauen stehen auf dem Zielradar der Marketingstrategen. Und so ist auch die Redaktion angehalten, sich nach einem «Equal voice»-Score auszurichten. In welchem Anteil wird über Frauen berichtet, welche Stimme haben in den Blick-Medien Expertinnen? Dafür seien extra Listen angelegt worden für einzelne Sachgebiete. Zum neuen, ethischen Image gehört auch, dass vermehrt positive Geschichten erzählt würden. Dazu gab Dorer die Parole aus «Zu Corona soll es jeden Tag etwas Positives zu berichten geben».

PR-Talk kommt nicht gut an

Gefragt, welche Medienmitteilungen denn Chancen hätten, vom Blick aufgegriffen zu werden, verweist der Chefredaktor auf die Hunderte von täglich eintreffenden Medienmitteilungen und empfiehlt, den Medien eher Geschichten exklusiv anzubieten. «Dann berichtet vielleicht nur ein Medium, aber es wird immerhin berichtet.» Und wie wünscht sich Christian Dorer seine Gegenüber in der Unternehmenskommunikation? «PR-Leute sollen Blick-Journalistinnen und -journalisten offen und ohne Angst entgegentreten.» Eine Abwehrhaltung provoziere höchstens den Verdacht, dass etwas versteckt würde. Ablenkender PR-Talk nähme die Medienleute nicht ernst und führe zu keiner professionellen Beziehung. Aber selbstverständlich könne der Blick aus einer negativen Story keine positive machen. Aber auch bei Bad-News garantiere Christian Dorer einen fairen Umgang seiner Leute. «Sie können mich jederzeit anrufen, sollte hier etwas schiefgelaufen sein!»